Ab wann ist es ein vorzeitiger Samenerguss?

​Ups, da war es schon vorbei. Es war vorbei, bevor es überhaupt richtig losgehen konnte. Er war gerade erst in sie eingedrungen, als es ihn auch schon überrollte. Ein, zwei Stöße und aus die Maus. Das hatte er sich ganz anders vorgestellt. Immerhin war es besser als beim letzten Mal. Denn da hatte sie ihn beim leidenschaftlichen Küssen nur ganz leicht an seinem erregten Penis berührt und schon war es vorbei gewesen mit der Selbstbeherrschung. Wie unangenehm!

Was sollte sie nur von ihm denken? Dass er sich nicht beherrschen konnte? Dass ihm seine Lust wichtiger war als ihre? Dabei war es genau anders herum! Er wollte nichts lieber, als ihr zu zeigen, wie sehr er sie begehrte! Er wollte so gern spüren, wie sie mit ihm zusammen zum Höhepunkt kam! Er wollte ihr Lust bereiten und seine eigene mit ihr zusammen genießen. Und jetzt das. Was war da nur los?

Jeder fünfte Mann ist im Laufe seines Lebens betroffen

Diese kleine Geschichte steht stellvertretend für eine der häufigsten sexuellen Funktionsstörungen in der männlichen Sexualität. Ein Mann kommt zu früh zum Orgasmus. Je nach Studie ist ein Fünftel bis ein Drittel der Männer davon betroffen. Die einen vorübergehend, die anderen vom ersten sexuellen Erlebnis an. Es gibt allerdings Formulierungen, deren Bedeutung sich uns nicht immer gleich erschließt. Beim vorzeitigen Samenerguss, in der Fachsprache ejaculatio praecox genannt, ist das so. Denn wann genau ist zu früh zu früh? Wann kommt man zu früh? Und ab wann wird es zu einem Problem?

Selbstbestimmung versus Kontrollverlust

Wie lange ein Mann bis zu seinem Orgasmus braucht oder sich Zeit lassen möchte, ist höchst unterschiedlich. Von Mann zu Mann als auch von Situation zu Situation. Jeder, der sich schon einmal selbst befriedigt hat, kennt das: mal darf es die schnelle Entladung sein und dann wieder gibt es genügend Muße für die langsame Entspannung. Mann hat es wortwörtlich selber in der Hand.

Ein durchschnittlicher Geschlechtsverkehr wiederum dauert zwischen sechs und sieben Minuten. Der Begriff Durchschnitt beinhaltet, dass dieser auch wesentlich kürzer oder länger sein kann. Wieder ist es Geschmackssache. Vielleicht reicht ein Quickie, vielleicht genießen zwei aber auch unterschiedliche Stellungen, einen Wechsel in Tempo und Intensität oder gar Pausen zwischendurch. Der Orgasmus erfolgt, wenn der Mann frei entscheidet, dass er ihn jetzt kommen lassen möchte. Für die Partnerin kann das immer noch zu früh sein. Aber das ist ein anderes Thema.

Von einem vorzeitigen Samenerguss sprechen wir hingegen, wenn ein Mann nicht selbstbestimmt entscheiden kann, ob und wann er zum Höhepunkt kommt. Es kann sein, dass er, wie in dem Beispiel oben beschrieben, bereits vor dem Eindringen kommt. In anderen Fällen erlebt er während des Eindringens eine Ejakulation oder unmittelbar danach. Und zwar eine für ihn unkontrollierbare Ejakulation, die schon durch eine Berührung oder erste Bewegungen ausgelöst wird. ​

​Eine offizielle Definition, ab wann zu früh zu früh ist, gibt es nicht. Die einen sprechen von 30 Sekunden nach dem Eindringen, andere von bis zu drei Minuten. ​Maßgeblich ist der Kontrollverlust, das Überrolltwerden innerhalb sehr kurzer Zeit.

​​​Kommst Du zu früh oder kannst Du nur nicht so lange, wie Du es ​Dir wünschst?

​Oft erlebe ich es in Gesprächen, dass Männer glauben, länger durchhalten zu müssen. Sie haben die Vorstellung im Kopf, dass ihre Partnerinnen durch den Geschlechtsverkehr auch zum Höhepunkt kommen sollten. Vielleicht haben sie auch zu viele Filme gesehen, in denen Männer scheinbar endlos können.

Durch das reine Rein-Raus ist es vielen Frauen jedoch gar nicht möglich, einen Orgasmus zu erreichen. Ihr Lustzentrum ist die Klitorisperle, die vergleichbar ist mit der Eichel am Penis. Und die braucht oft eine zusätzliche Stimulation vorher, währenddessen oder hinterher. Mit den Fingern, der Zunge oder dem männlichen Schambein. Letzteres erreicht Du am besten durch bestimmte Positionen wie zum Beispiel die Reiterstellung.

Es kommt weniger darauf an, wie lange ein Mann kann sondern vielmehr darauf, was er in dieser Zeit mit seinem Penis, seinem Becken und seinen Händen macht!

Anja Drews
 

Als Dipl.-Sexualpädagogin, Sexualtherapeutin und Sexualwissenschaftlerin unterstütze ich Menschen dabei, ihren ganz eigenen Weg in dieser wohl spannendsten und vielfältigsten Seite unseres Lebens zu finden. Meine Arbeit erfüllt mich mit großer Freude und begeistert mich immer wieder aufs Neue! Ausführliche Informationen über mich findest du hier auf der Seite.

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